Freitag, 5. April 2019

Der Grund meiner Zeugung


Der Grund meiner Zeugung

Meine Zeugung stand unter dem Stern und der weltlichen Aufgabe, die Ehe meiner Eltern zu retten. Das kam so…
Meine Mutter verliebte sich in einen Mann, der ihr nicht nur imponierte, sondern auch die Möglichkeit bot, weg zu kommen, von ihren zänkischen Eltern. Sie lernte ihn noch vor Beginn des Krieges kennen, sehr zum Leidwesen meiner Großeltern. Sie hielten ihn für einen gestriegelten Schwätzer. Als der Krieg ausbrach, musste sie sich entscheiden,      in dem damaligen Schlesien zu bleiben, um ihre große Liebe zu heiraten, oder mit ihren Eltern und Halbgeschwistern zu flüchten.
Nun, man sagt nicht umsonst:“ Wo die Liebe hinfällt“. Meiner Mutter fiel es wohl relativ leicht, sich von ihren unverträglichen Eltern zu trennen, denn sie heiratete Josef, meinen Vater und war zunächst glücklich.
Es ging ihr auch nicht so schlecht wie den anderen Menschen in dem vom Krieg gebeuteltem Land, da er eine höher gestellte Position beim polnischen Staat hatte.                                                   Sehr schnell lernte sie die polnische Sprache und bekam eine Anstellung in der Stadt Breslau, dem heutigen Wroclaw, in einem Büro.
1947 wurde meine Schwester Lydia wurde geboren. Das scheinbare Glück ward gekrönt.

 

Was ich jetzt schreibe, ist natürlich aus zweiter Hand Information, da ich fünf Jahre später auf die Welt kam.
Es fällt mir schwer „mein Vater“ zu schreiben, da ich ihn nie als solches empfunden habe, und ihn mit drei ein halb Jahre das letzte Mal sah. Darum werde ich meinen Vater hier Josef nennen. Er hatte wie schon erwähnt eine Anstellung beim Staat. Seine Aufgabe bestand darin Zuteilungen an bedürftige Frauen zu vergeben. Durch eine mir nicht bekannte Begebenheit, hatte Josef am rechten unteren Bein eine Prothese, wodurch er etwas hinkte. Was wiederum sein Selbstwert schmälerte und er sich dadurch veranlasst sah, diesen anderweitig aufzustocken.
Er war ein sehr gutaussehender junger Mann, dunkle Haare, schlank, galant, intelligent und einfühlend. Die Frauen die zu ihm kamen und wie man weiß, sind polnische Frauen hübsch, legten sich richtig ins Zeug. Sie wollten ihm gefallen, zum Einen, natürlich auch um durch ihn eine Zuwendung vom Staat zu bekommen. Dies honorierten sie ihm durch ihre Zuneigung, oder ähnliches.
Tja und da auch er genetisch belastet ein Jäger und Sammler war, konnte er nicht wiederstehen.
Eine der Frauen allerdings erhob mehr Anspruch auf ihn, erzählte meiner Mutter von seinem Treiben.                                                                    
 Sie war völlig fertig, wütend, traurig, enttäuscht, ja fassungslos. Er war ihre große Liebe, wegen ihm hatte sie ihre Familie verlassen und jetzt das.    Gut, ihr Verhältnis zu ihnen war nicht das Beste, doch immerhin Familie. Hier war sie absolut allein, unter fremden Menschen, in einem vom Krieg gezeichneten Land.
Es gab einen großen Streit und laut meiner Mutter, bat er sie auf Knien, nun, eigentlich auf einem Knie, um Vergebung. Gleichzeitig schwor er, dass es nicht nochmal vorkommt. Sie hat ihn dann noch ein bisschen schmoren lassen, doch schließlich wurde Versöhnung gefeiert und ich wurde gezeugt.                  
  Mit diesem Aufgabenpäckchen kam ich also auf die Welt.
Sollte die Ehe retten……
Was für eine Verantwortung!
Und so erblickte ich die Welt:
Am 27.02.1952 um 10.10 Uhr
in Breslau, als munteres Fischlein .
Mit der Aufgabe ihre heile Welt wieder herzustellen.

     








Meine Begleitung war der Zwilling, somit war ich ein
schillerndes, kommunikatives, lernendes, neugieriges Seelchen.
Nicht ahnend, welche Päckchen ich mir mitgebracht hatte.


 





Ich kann mich an ein Foto erinnern, dass meine Großeltern mir zeigten. Meine Mutter hatte eine weißes Kissen im Arm, darauf eingebettet ein Baby. Es ist das Bild des Deckblattes.






Du bist stark kleine Ewunia,
flüsterte meine Seele mir zu.
Ich verspreche dir,
es kommen andere Zeiten.
Doch das hier,
haben wir gewählt.
Sei glücklich,
wann immer es geht,
ist es doch nur
eine Zwischenstation,
dieses Leben.



 Auf der Hinterseite stand:“Die kleine Landrätin“ Das muss wohl derzeit Josefs Titel gewesen sein.
Ja und da in einem guten Hollywood Schnulzenfilm, der Schwur:“Es nie wieder zu tun“ auch oft gebrochen wurde, hielten sich meinen Eltern an die  Regieanweisungen des Schicksals. Na Bravo!
Meine Mutter war so in ihrer Würde verletzt, dass sie  seinen erneuten Ausrutscher, nicht mehr hinnehmen wollte, trotz wiederkehrender Nummer mit dem in die Knie gehen, war es für sie Aus.